Peridot - Eine Katze auf dem Weg zur Macht
Teil 3

Suchend streifte unser zwergenhafter Panther, fast unsichtbar des Nachts, vorbei an den stillen Gärten, weiter, immer weiter, zu finden der Nachricht Verfasser, die ihn kürzlich erreichte.
„Komme zu mir in der Nacht, ich lehre dich, zu ergreifen die Macht!“

Gelockt von der Worte klang,
seine Gier, auch die kam an!
Man sah sie leuchten im Gesicht,
des Katers Augen verbargen sie nicht!
Eifrig schnüffelnd abgehetzt,
ein Stück des Fells am Busch zerfetzt!
Dem Kater, dem war dies egal,
die Neugier wurde ihm zur Qual!
Näher kommend! „Dort ist Licht!“,
sah’s der Panther kommen nicht!
Unvorsichtig durch den Drang,
gelangt er in eines garstig‘ Tieres Fang!
Es erschien ihm riesig, hünenhaft!
Ganz schauderlich, mit Bärenkraft!
Es packte ihn mit roh‘ Gewalt,
des Katers Augen wurden kalt!
Wehrte sich mit Klau‘ und Bissen,
und hatte sich bald losgerissen!
Das Untier staunte, hielt nun ein!
„Ja, Katz‘, du wirst würdig sein!“
Peridot keuchte, noch nie wurde er in solch einen Kampf verwickelt. Eiskalt überlistet! Das „Ungeheuer“ war ein Dachs! Doch an Stelle der üblichen weißen Streifen war sein Pelz komplett schwarz. Das hatten sie gemeinsam. Noch zitternd ergriff er wütend das Wort:
„Ich habe deinen Test also bestanden! Dann sprich! Ich hab‘ mich noch um Wichtiges zu kümmern!“.
„Dein Eifer ist mehr als bewundernswert, mein junger Freund! In meiner Jugend war ich wie du!“
Peridot musterte ihn genau, ein nachtschwarzer Dachs, der Tipps zum Ergreifen der Macht haben wolle? Da klingelte es bei ihm! Ehrfürchtig fragte er flüsternd:
„Du wirst doch nicht etwa der berüchtigte Schörl sein? T. Schörl?“
Seine Augen weiteten sich vor Spannung!
„Genau der!“
Hier soll kurz erwähnt sein, das T. Schörl eine Berühmtheit unter den machthungrigen Tieren war. Ein mittlerweile uralter Dachs, der in seiner Jugend ganz Deutschland und Teile Mittel- und Osteuropas vereint hatte! Urplötzlich verschwand er dann vor Jahrzehnten von der Bildfläche. Niemand wusste genau, was mit ihm passierte.
Natürlich hatte Peridot viel von ihm gehört, Schörl war eine Legende! Trotzdem hielt er ihn für deutlich unbegabter als sich selbst, und das ließ er ihn sogleich spüren!
„Ha! T. Schörl… doch ich verstehe deine Nachricht kaum, denn zweifelsohne hast du mich bestellt, damit du von meiner reichhaltigen Erfahrung und meinen einzigartigen Ideen profitieren kannst! Aber das kannst du vergessen, ich…“, er wurde unterbrochen:
„Pah! Eingebildeter Dachhase!“
Die Blicke verdunkelten sich! Keiner gab bei dem folgenden Blickduell nach. An Selbstvertrauen mangelte es hier niemandem.
„Weißt du, du bist noch Jung… und ich sehe Potenzial, wenn es mir vor die Nase huscht! Doch du bedarfst meiner Führung, wenn du es zu etwas bringen willst!“
„Ich führe selbst! Ich brauche keinen Lehrmeister!“
„Ach und wieso bist du dann meiner Nachricht gefolgt? Du eitler Tropf!“
„Tja, die hochdurchdachten, verschachtelten Pläne einer so genialen Katze wie mir, Peridot, die verstehn‘ so gewöhnliche Kreaturen wie du eben nicht!“.
Schörl war jahrelang im Geschäft, er ließ sich nicht so leicht provozieren und behielt die Contenance.
„Ja wir alle müssen unsere eigenen Fehler machen, das ist klar. Ich beobachte dich seit deiner Geburt, Peridot, und deine jämmerlichen Versuche, ein Netzwerk aufzubauen haben mich doch tatsächlich amüsiert! Aber wie gesagt, ich rieche Talent bei dir, wäre schade, wenn ich dich aus dem Weg räumen müsste. Viel lieber würde ich dich in meine Dienste stellen!“
Schörls Augen blitzten rötlich-schwarz. Geheimnisvoll gaben sie kaum etwas von seinen wahren Absichten preis.
Peridot war wirklich überzeugt, dass er diese Hilfe nicht bräuchte. Er feilte nun schon jahrelang am Masterplan, und er würde unter keinen Umständen davon ablassen. Doch die Tatsache, dass T. Schörl nach so Langem wieder auftauchte, gab ihm Anlass zum Nachdenken! Er wusste, dass er schnell antworten musste. Für ihn war klar, dass er nicht mit ihm zusammenarbeiten würde, aber vielleicht könnte er sich eines gefährlichen Rivalen entledigen!
Schörl schien allein zu sein. Man hörte weit und breit kein Geräusch.
„Ich werde darüber nachdenken!“
„Junger Kater, Zeit ist etwas äußerst wertvolles. Ich fürchte ich brauche deine Entscheidung sofort!“
Jetzt hörte er flüchtige Geräusche in den nahen Büschen! „Natürlich ist er nicht allein!“
Sich unauffällig umsehend erkannte er nun etwas. Auf den Bäumen waren vier unbarmherzige Raben in Stellung gegangen, im Gebüsch sah er zwei blau blitzende Augenpaare, die Blicke starr auf ihn gerichtet.
„Mist! Da hab ich keine Chance!“ Wer hätte auch mit dem plötzlichen Auftauchen solch eines hohen Tieres gerechnet. Er dachte eher ein alter, sabbernder Greis, der wirr brabbelnd vom letzten Weltkrieg erzählen würde, hätte die Nachricht verfasst. „Mal wieder zu vorschnell gehandelt!“
„Also…“, der Dachs wartete gespannt auf Peridots Antwort.
„…wir kommen wohl nicht ins Geschäft!“
T. Schörl schüttelte den Kopf und seufzte. Er drehte sich um und über dem Gehen sagte er übertrieben beiläufig: „Ich hasse verschwendetes Potenzial…“
Er Pfiff kurz und schlich gemächlich davon, ohne sich nochmal umzusehen.
Das Pfeifen bedeutete für Peridot nur eins!
Rennen!
Denn zeitgleich stürzten sich die vier Rabenvögel im Sturzflug auf ihn! Geschickt sprang er zurück und erwischte einen der Vögel am Kopf. Er viel leblos zu Boden. Man musste es ihm lassen, er war ein toller Kämpfer! Die drei übrigen Raben hackten nach ihm und flogen wild herum. Zu allem Überfluss griffen ihn nun noch zwei kräftige Siamkater an, die in den Büschen lauerten.
Als grandioser Taktiker, wie er sich selbst immer bezeichnete, wusste er, dass es Zeit für den Rückzug war.
Kennen sie die heftigen kreissägenartigen Geräusche von kämpfenden Katzen? Hier wollten sich gerade drei Prachtexemplare ineinander verbeißen, daher waren die Klänge besonders schrill. Doch die Gegner ahnten nichts von Peridots Raffinesse. Dieser sah, dass die Raben kollektiv in die Luft flogen, um erneut zum Sturzflug anzusetzen. Er packte sie an ihren Füßen. Diese merkten viel zu spät, dass sie einen blinden Passagier dabei hatten, welcher sich auf den nächstgelegenen Baum rettete. „Notiz an mich: Fliegende Katzen haben deutliche taktische Vorteile im Kampf gegen eine klare Überzahl!“
Es folgte eine erbitterte Hetzjagd. Peridot, gefolgt von dreieinhalb Krähen, die vierte hatte sich vom Schlag fast erholt; fast, denn sie flog auf Grund des Schwindels spiralförmig durch die Luft; nicht zu vergessen die zwei muskulösen Siamkater.
Ein Ihnen möglicherweise bekannt vorkommender Passant griff zum Handy, als er das Schauspiel sah.
„Hallo? Tierschutzverein? Ich möchte gerne drei tollwütige Katzen melden! Im Übrigen, ist es eigentlich normal, wenn Krähen gegen Straßenlaternen fliegen?“
…
„Nein! Sie ist in kleinen Kreisen mehrfach dagegen geflogen!“
…
„Ja ich habe schon öfter angerufen, wieso?“
…
„Frechheit, kommen sie einfach her!“
Empört legte er auf und fragte sich, wieso er sich immer die Mühe machte und dachte dabei, dass die Tiere in der kleinen Stadt einfach einen an der Waffel haben.
Peridot schaffte es nach einer Viertelstunde Spießrutenlauf durch die Gärten, seine Verfolger endgültig abzuhängen. Die Schlagzeilen am nächsten morgen halfen ihm besonders gut, keinen Verdacht schöpfen zu lassen:
„Erneut Vandalismus in Ullingen! Wer gebietet unserer Jugend endlich Einhalt!“
Zu Hause angekommen wurde er vom Herrchen versorgt. „Du armer, wer hat dich denn so übel zugerichtet! Ich hol‘ schonmal das Jod!“
„Oh, oh! Nicht schonwieder!“

Seine Fluchtversuche halfen ihm nicht, sein Besitzer hatte wohlweislich alle Türen heimlich verschlossen! So ganz unbeholfen im Umgang mit der Mieze war er dann doch nicht, auch wenn er nichts von deren geheimen Plänen vermutete.
„MIIIIIIIIAAAAAAAAUUUUUUUUU!!!!!!“
Der mitleiderregende Schrei war bis zu T. Schörls provisorischer Höhle zu hören, und da hatte Peridot wirklich Glück. Denn der fiese Dachs dachte, seine Diener hätten den Störenfried erledigt! Die glücklosen Untergebenen nutzten dies aus, indem sie die Wahrheit verschwiegen und komischerweise alle am nächsten Tag Urlaub einreichten. Natürlich wurde er nicht genehmigt, wieso auch Sklaven freie Tage gewähren, fand Schörl. Es änderte jedoch nichts daran, dass die Raben und Siamkater am morgigen Tag verschwanden und nie wieder gesehen wurden …

(Turmalin Schörl)
Peridot brauchte allerdings einige Tage Ruhe. Er sagte, er benötige eine kreative Auszeit, um über die Zukunft seines Planes nachzudenken. Sein Vorhaben ist deutlich verkompliziert worden. T. Schörl als Feind zu haben, war sicher kein Zuckerschlecken! Er musste sich also beeilen …
Denn wenn Turmalin Schörl herausfinden sollte, dass Peridot noch lebt, dann bedeutete dies nichts als Unheil für unseren tapferen, jungen Kämpfer.
Fortsetzung folgt…