Peridot - Eine Katze auf dem Weg zur Macht

Teil 1

Die große Kirchturmuhr schlug zwölf Mal. Mitternacht. Der Vollmond schwebte wolkenverhangen über der kleinen Stadt. Eine gespenstische Stille hatte die sonst üblichen nächtlichen Geräusche verjagt. Einzig die klobige Kirchenglocke war mutig genug, sich der mysteriösen Lautlosigkeit entgegenzustellen. Erhaben schallte sie durch die nächtens herrschende Düsternis.
Mensch und Tier stockte der Atem. Ein seltsames Gefühl verbreitete sich in den Herzen allen Lebens. Etwas bahnte sich an. Gemächlich und kaum bemerkbar, flüchtig. Und doch spürte man es.

Die Ruhe vor dem Sturm.

Gewaltige, pechschwarze Wolkenschwaden glitten bedrohlich übers Firmament. Unaufhaltsam näher kommend, aber doch geduldig. Ein einziges, winziges Tröpfchen stürzte sich herab. Ein Kundschafter. Düsterer Vorbote des Sturms. Ein fernes Grollen wisperte vom bevorstehenden Ungewitter.

Der Tropfen, stetig fallend, trachtete nach seinem Ziel. In Kürze schon würde er es erreichen.

 

Gewaltige, pechschwarze Wolkenschwaden glitten bedrohlich übers Firmament. Unaufhaltsam näher kommend, aber doch geduldig. Ein einziges, winziges Tröpfchen stürzte sich herab. Ein Kundschafter. Düsterer Vorbote des Sturms. Ein fernes Grollen wisperte vom bevorstehenden Ungewitter.

Der Tropfen, stetig fallend, trachtete nach seinem Ziel. In Kürze schon würde er es erreichen.

 

Allmählich zeichneten sich schattenhafte Umrisse in der Tiefe ab. Ein rabenschwarzes, klitzekleines Geschöpf richtete seinen Blick in Richtung Himmel. Skeptisch prüfend. Des Sturms Bote steuerte auf das nachtschwarze Wesen zu. Er erkannte es. Felidae. Pechschwarz, die Augen gelblich-grün blitzend aufs Himmelszelt gerichtet. Millisekunden später erreichte der Tropfen endlich sein Ziel. Ein leises Plopp! und der Kater schüttelte wild seinen Kopf.

Grummel Grummel „Verdammter Mist!“ Peridot erhob sich. Bevor das nun einsetzende Tröpfeln zum Prasseln wurde, schlenderte er zurück zur offenen Terrassentür. Seufzend trat er ein, setzte sich vor die Glastür und betrachtete das heranziehende Unwetter. „Ausgerechnet heute!“

Peridot hatte großes geplant. Wochenlang brütete er seinen geheimen Plan schon aus. Es hatte ihn erhebliche Mühen gekostet. Er wohnte in einer unbedeutenden Stadt mit dreitausend Einwohnern. Sie hieß Ullingen und lag irgendwo im Süden Deutschlands. Jedoch hat das für diese Geschichte keine Bedeutung und vermutlich kennt das kleine Nest sowieso kaum jemand. Und genau das, war eines von Peridots Hauptproblemen. Die Infrastruktur war einfach erbärmlich. Bestellte er sich Fisch im Internet, kam dieser zwar an, aber sobald man ihn auspackte, machte er sich so gleich wieder auf und davon, denn gewisse Lebensmittel haben die Angewohnheit das Laufen zu erlernen, wenn man ihnen nur lang genug dazu Zeit lässt.

Es war für ihn nahezu unmöglich, seine zahlreichen Pläne zu verwirklichen. Bestellte er mit der Post, trafen die Sachen grundsätzlich zu spät ein, orderte er bei DHL, musste er zur nächstgelegenen Abholstation, welche in der nächst größeren Ortschaft war. Leider war es ihm nicht möglich, die 35 Kilometer mal eben hin und wieder zurückzugehen. Nahm er die Dienste von GLS in Anspruch, kam das Paket überhaupt nicht an. So viel Zeit und Geld verschwendete er bis er herausfand, dass er am besten Garnichts mehr bestellt. Er war nämlich der Meinung, er hätte die einzigartige Methode erfunden, an benötigte Güter zu kommen, indem er einfach sein treudoofes Herrchen manipuliert! Eine seiner leichtesten Übungen. Nun ja, zugegeben, nicht sehr einfallsreich oder einzigartig, denn mal ehrlich, welche Katze beherrscht diese „Kunst“ nicht? Peridot war jedoch felsenfest davon überzeugt der erste Kater zu sein, dem das je in den Sinn kam.

Bei Peridot war das nun so mit den Plänen: er überlegte oft Wochen lang herum bis ihm etwas, seiner Meinung nach geeignetes, einfiel. Das wurde dann kurzerhand als bestes, jemals entwickeltes Vorhaben „vermarktet“. Bisher blieb der Erfolg jedoch aus. Denn außer besagtem Ärgernis der Infrastruktur gab es noch einige andere Hauptprobleme. Eines davon waren überaus unfähige Mitarbeiter. Peridot hat als Welpe jahrelang damit zugebracht, ein riesiges Netzwerk zu etablieren. Dieses bestand natürlich aus Katzen, manchmal auch Mäusen oder Ratten und seine beste Idee war zweifelsohne die, mehrere Brieftauben zu engagieren.

Aber wer kennt das nicht? Es ist heutzutage einfach unheimlich schwer, kompetentes Personal zu finden. Mit anderen Katzen kam Peridot so gut wie nie zurecht, sie schienen irgendwie gegen seinen Charme resistent zu sein. „Da hilft nur knallharte Autorität!“, dachte er zumindest. Doch es stellte sich schnell heraus, dass, egal was er den kätzischen Arbeitern auftrug, diese in erstaunlichen 235,99% aller Fällen das genaue Gegenteil machten. 235,99% fragen Sie sich? Ich weis leider selbst nicht, wie das möglich ist. Ich bin schließlich auch nur ein Mensch! Katzen lassen sich einfach nichts sagen, die haben ihren eigenen Willen, und der lässt sich nun Mal nicht brechen.

Mäuse und Ratten sind da komplett anders. Die wurden über das herrlich funktionierende Angst-gefressen-zu-werden-Prinzip gesteuert. Das Problem hierbei waren weniger die Mitarbeiter, als Peridot selbst. Jedes Mal wenn sich die kleinen Tierchen auf den Weg machten, seinen Auftrag auszuführen, ergriff dieser innere Zwang von ihm Besitz. Er konnte und wollte in dem Moment dann auch Garnichts dagegen tun. Er visierte sein Ziel an und sprang blitzschnell darauf zu. Triumphierend trug er die halbtote Beute im Maul, Schwanz und Hinterbeine hingen aus beiden Seiten der Fressluke heraus. Der Gesang einer Katze mit vollem Mund ist wirklich wunderbar. Langgezogen und irgendwie klingt es manchmal so gequält. Im ersten Moment denkt man immer, sie leidet unter schrecklichen Schmerzen! Schnell rennt man dann zu ihr, um zu sehen: „Oh, die spielt ja nur!“

Kommen wir zu Peridots „supergenialer“ Idee der Brieftauben zurück. Zumindest hat er sie so bezeichnet. Also am Anfang… Er hat sich in den jungen Jahren seines Lebens eindringlich mit dem Studium dieser intelligenten Vögel beschäftigt. Jedoch scheinbar nicht eingehend genug. Denn eine wichtige Tatsache hat er vergessen, nämlich die, dass diese grandios tollen gefiederten Freunde die Fähigkeit besitzen, von jedem weit entfernten Punkt nach Hause zurückzufliegen. Doch die bittere Erkenntnis, dass sein Plan vielleicht nicht fruchtet kam schon bald…

Er hat nun also monatelang die zahlreichen Täubchen seiner kleinen Stadt beobachtet, ihr Balz- und Brutverhalten analysiert, genauestens Buch geführt und es dann tatsächlich geschafft, die frischgelegten Eier einiger verdutzter Tauben zu stehlen. Verdutzt waren sie nicht etwa, weil ein Kater mit verrücktem Blick auf ihre Nester zusteuerte, sondern vielmehr wegen der Tatsache, dass eben jener die Eier nicht zerschlug, um sie genüsslich auszuschlecken. Nein! Er legte sie penibel, in einen kleinen mit Watte ausgepolsterten Korb und schlich übertrieben vorsichtig davon. Hätte er einen in Farbe getauchten Pinsel dabeigehabt, hätte man definitiv daran gedacht, dass der Osterhase in Rente ging und er sein neuer Nachfolger ist.

Eins musste man Peridot nun zweifelsfrei lassen, er war äußerst talentiert darin, junge Tauben aufzuziehen ohne sie sofort zu verspeisen! Doch nach einiger Zeit kam die Ernüchterung. Sage und schreibe 25 flugfähige Helfer standen einsatzbereit vor ihm. Der mittlerweile dreijährige Kater band jeder eine feinsäuberlich geschriebene Notiz ans Bein. „Suche dringend Hilfe beim ergreifen der Weltherrschaft! Für ausreichend Fisch wird gesorgt!“

Er grinste heimtückisch und bedeutete den Brieftauben, in die Welt hinauszufliegen! Wie schon erwähnt greift deren Prinzip allerdings nur, wenn sie von einem anderen Ort nach Hause zurückfliegen… Peridot bemerkte schnell, dass etwas nicht stimmte, als die 25 verwirrt umherlaufenden Vögel keinerlei Anstalten machten, sich in die Lüfte zu erheben. Sie pickten viel lieber einige am Boden liegende Körner auf. Um keine weitere Zeit zu verlieren, las er zügig noch einmal genauer nach, um anschließend kopfschüttelnd mit der Vorderpfote auf seinen Kopf zu schlagen.

Das war das Ende des Brieftauben-Plans. Als „supergenial“ bezeichnete er in Bezug auf dieses Projekt später nur noch den Einfall, die nicht länger benötigten Tauben zu verspeisen! „Soviel zum Netzwerk!“, grummelte er schmatzend und kaute auf den Überresten seiner Untergebenen herum.

Peridots Blick richtete sich auf den tosenden Sturm. Ein unbarmherziger Wind kämpfte sich pfeifend durchs Gebälk des Hauses. Gemeinsam mit dem überlauten Prasseln des herabströmenden Regens und dem unheilvollen Donnergetöse des Gewitters vertrieben jene Naturgewalten alle Gedanken an die vormals herrschende Stille. „Was mache ich jetzt nur?“ Ihm blieb nichts anderes übrig als das Ende des Unwetters abzuwarten …

 

Fortsetzung folgt …

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