Peridot - Eine Katze auf dem Weg zur Macht
Teil 5
Haben Sie sich schonmal gefragt, wie Peridot überhaupt auf die Idee kam, die Weltherrschaft an sich reißen zu wollen? Wenn sie es erfahren möchten, brauchen sie nur weiterlesen. Sollte es Ihnen, aus welchen Gründen auch immer egal sein, dann können sie getrost bei Teil 6 weitermachen. Oder Teil 7. Ach was, wenn Sie das sowieso alles nicht interessiert, dann lesen Sie’s doch gar nicht weiter!!!

Sie sind noch da? Zum Glück! Manchmal geht mein Temperament einfach mit mir durch. Sie wissen ja nicht, wie das ist, wenn einem der Verlag im Nacken sitzt! Dieser Stress… „Los, wir brauchen den nächsten Teil!“ „Sind sie immer noch nicht fertig? Vergessen sie nicht, wir haben einen bindenden Vertrag!“ In diesem Sinne:
Vielen Dank, dass Sie sich für die Reihe „Peridot – Eine Katze auf dem Weg zur Macht!“, entschieden haben!
Um Peridot nun also besser zu verstehen, weihe ich Sie in das große Geheimnis ein …
Wir schreiben das Jahr 1874. Die industrielle Revolution war in vollem Gange. Zu dieser Zeit lebte Gagat von Kohleschürf, Peridots Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater. Vielleicht fehlen sogar noch einige Ur’s. Da Katzen selten Stammbäume anlegen, lassen sich nur Vermutungen anstellen.
Gagat von Kohleschürf war der Sohn zweier dem Hochadel angehörenden Edelkatzen. Sie gehörten den Besitzern eines bedeutenden Bergbauunternehmens, welches sich Jahre später in einen der führenden deutschen Konzerne der Montanindustrie wandelte. Doch möchte ich sie mit den langweiligen Details nicht weiter quälen.



Gagat spürte bereits früh, dass er nicht für dieses Unternehmen brannte und so entschloss er sich kurzerhand, den später geerbten Konzern zu verkaufen. Den so gewonnenen Reichtum nutzte er, um seine geheime Leidenschaft als neue Geschäftsidee aufzuziehen. Blumen!
Er beobachtete den Lauf der Industrialisierung in Europa genau, und er erkannte schnell, dass die Städte nur so vor rußspuckenden Schloten strotzten. Keiner kümmerte sich mehr um Grünflächen und die Natur im Allgemeinen. Und eben da kam Gagats Idee ins Spiel! Der setzte es sich zum Ziel, die Welt wieder erblühen zu lassen! Er verbrachte Jahre damit, Gärtnereien in ganz Deutschland zu errichten. Später, als sein Geschäft schon gut angelaufen war, verlegte er seinen Hauptsitz nach Holland. Frühzeitig erkannte er das Potenzial des Tulpenhandels. Schnell wurde er Marktführer!
Doch wie es vielen erfolgreichen Geschäftsleuten so ergeht, wollte er bald mehr. Viel mehr, unglaublich viel mehr! Im Alter von 13 war er schließlich mehrfacher Millionär. Seit einigen Jahren keimte der Gedanke in ihm, dass es mehr als angebracht wäre, seine Blumen über die ganze Welt zu verteilen. Er bildete sich ein, dass dies nur mit dem Erringen der Weltherrschaft zu verwirklichen wäre. Also richtete er seinen Fokus auf dieses wahnsinnige Unterfangen.
Wer kennt das nicht, man nimmt sich etwas vor, plant alles katzenhaargenau bis ins kleinste Detail durch und dann kommt es doch anders als gedacht. Gagat von Kohleschürf erging es da wie jedem Anderen auch.
Eines schönen Tages, als er in seinem geheimen Privatdepot ein ausgiebiges Blumenbad genoss, passierte es!
Ein riesen-schöner Schmetterling flog einfach ins Depot,
der Zauberduft, den dies verströmt‘, der lockte ihn ja so,
erfreute sich des Blumenmeer’s, er sah den Kater nicht,
der hatte Hunger, schnappt ihn sich, die Folgen kamen bald ans Licht!
Gagat trug die Beute im Maul, doch den feinen Schmetterlingsstaub des Insekts hätte er lieber nicht so tief inhalieren sollen. Er musste heftig niesen und spuckte den bunten Falter dabei aus. Der flog panisch davon, was noch mehr seines Staubs in der Luft verteilte.
Mit der Wirkung der eingeatmeten Partikel auf Gagats Psyche hätte kein noch so fähiger Lepidopterologe gerechnet. Wenn sie gerade dabei sind, dieses Wort in die Suchmaschine Ihrer Wahl einzugeben brauchen sie sich nicht zu schämen, wenn Sie sich verschreiben. Viele Leute tun sich schwer dieses Wort korrekt einzugeben.
Notiz des Autors: nächstes mal besser das Wort Schmetterlingsforscher benutzen
Gagat jedenfalls entwickelte eine unstillbare Sucht nach immer mehr des funkelnden Flügelstaubs. Sein Umfeld bemerkte dies lange Zeit nicht, denn mal ehrlich, welche Katze springt nicht wie verrückt vorbeifliegenden Schmetterlingen hinterher, fängt sie und reibt ihr Gesicht tief inhalierend an deren Flügeln? Spätestens als man sah, dass die Falter nicht etwa gefressen wurden, sondern krabbelnd das Weite suchten, schließlich brauchen sie den Staub um der luftigen Fortbewegungsmethode nachzukommen, hätte man jedoch Verdacht bezüglich Gagats Geisteszustand schöpfen können. Gagats Geistesschwäche blieb aber noch eine Weile unerkannt.
Er nutzte sein, mittlerweile weltweit etabliertes Unternehmen fortan dazu im Geheimen Millionen von Faltern anzulocken. Er erlag seiner Sucht mehr und mehr.
Eines Tages fand ihn ein allzu neugieriger Mitarbeiter. Gagat lag besinnungslos zwischen tausenden von Blumen. Zahllose am Boden umherkrabbelnde Schmetterlinge verschiedenster Größen und Farben, Moment, die Färbung war um ehrlich zu sein gar nicht mehr zu sehen… Bleiben wir also bei:
Unzählige am Boden umherkrabbelnde Schmetterlinge „verschiedenster Größen“ krabbelten unkoordiniert herum. Sie hatten Schwierigkeiten, sich an diese neue Methode der Fortbewegung zu gewöhnen. Leider konnten sie ohne ihre bunt schillernden Schuppen nicht fliegen. Obendrein kamen sie sich ziemlich albern vor. Warum fragen Sie?
Um dies zu erläutern, stellen Sie sich bitte ein neugieriges Kind vor. Es liebt die Natur und wird von den wunderbarsten Geschöpfen magisch angezogen, um seine Neugier zu befriedigen.
Vergleichen sie nun diese zwei Aussagen, um zu verstehen, wie sich die armen Schmetterlinge fühlten:
1. „Sieh nur, Mama, dort fliegt ein wunderschöner, farbenprächtiger Schmetterling anmutig durch die Lüfte! Sieh! Wie seine schillernden Flügel in der Sonne glitzern!“
2.„Äh Mama? Was ist denn das für ein komisches Insekt? Schau mal das krabbelt so seltsam umher, als wüsste es nicht, wo vorn und hinten ist! Schau das hat ja durchsichtige Flügel, wieso fliegt das denn nicht? Krabbelt nur blöd `rum…“
Gagat gewöhnte sich leider nie an die engen Räume der geschlossenen Anstalt. Er saß oft auf dem Gummiboden, wippte hektisch vor und zurück und brabbelte sinnlose Sätze wie:
„Ich brauche mehr Staub! Es fehlt nicht viel!“, oder „Bald wird die Transformation eingeleitet!“
Die Tierpfleger wunderten sich besonders, als er aus der Bettwäsche einen langen Faden machte, indem er den Stoff auftrennte. Er wickelte seinen ganzen Körper damit ein. „Zu wenig Staub, es reicht nicht!“, waren seine letzten Worte. Denn leider ist die Physiologie der gemeinen Hauskatze nicht dafür ausgelegt, in einem nahezu luftundurchlässigen Kokon zu überleben.
In Gagats Nachlass befanden sich unter anderem seine Tagebücher. Diese enthielten sowohl die detaillierten Pläne zur Machtergreifung durch Import und Export „floraler Gebrauchsgegenstände“ als auch die irrsinnigen Gedanken über sein Schmetterlingsexperiment. Diejenigen die sich durch das wirre Gekritzel durchkämpften erfuhren, dass er sich in ein Wesen, halb Kater, halb Schmetterling umwandeln wollte. Er glaubte, durch Inhalation von ausreichend Schmetterlingsschuppen die Fähigkeit zu erhalten, sich zu verpuppen und eine Metamorphose einleiten zu können. Wie sein Plan endete, wissen sie ja bereits.
Peridot war der Erste, der diese Tagebücher tatsächlich gelesen hatte. Sie wurden von Generation zu Generation weitergereicht. Niemand wusste, worum es sich bei dem Bündel von mottenzerfressenen Dokumenten handelte. Sagte ich mottenzerfressen? Ich meinte natürlich mottenverschont! Jede Motte die beim Einnisten von Gagats Schmetterlingsexperiment las, suchte lieber schleunigst das Weite!
Zum Glück, denn sonst hätten die Papiere wohl nie so lange gehalten.
Eines Abends stolperte der blutjunge Peridot darüber. Von der Neugier einer neugeborenen Katze getrieben, las er von seinem Ur-Ur-Ur-Ur-Ur?-Ur??-Großvater und er wurde schnell von dessen Vorhaben in den Bann gezogen. Er lernte vieles über Marktwirtschaft, Betriebswirtschaft und wie man am besten mit seinen minderwertigen Sklaven umgeht. Das heute andere Standards für Arbeitnehmer gelten, interessiert ja sowieso fast keinen modernen Arbeitgeber, also wieso sollte sich Peridot mit solchen unwichtigen Details abgeben.
In den Tagebüchern beschränkte er sich beim Lesen jedoch auf den Part der Weltherrschaft. Den geisteskranken Teil hatte er Gott sei Dank noch nicht weiter verfolgt, aber sicher wäre er schlau genug zu erkennen, dass dieses Hirn- Gespinst nicht zu verwirklichen wäre.
Aber warten wir mal ab, die moderne Genetik erzielt heute schon bahnbrechende Erfolge!
Kommen wir zurück in die Gegenwart.
Peridot sah schwermütig in den Garten. „Ullingen … Eine Ära geht zu Ende …“
Kleine Ascheflocken wehten melancholisch durch die Gegend.
„Das Feuer verkündet einen Neuanfang!“.
Die Feuerwehr hatte es vor einigen Stunden geschafft, die plötzlich auflodernden Flammen zu löschen.
„Können sie sich erklären, wie der Brand entstehen konnte, Herr Hack?“
„Der Dachboden war leer und unbenutzt!“
Peridot grinste verschlagen.
„Außerdem habe ich es Ihnen doch schon mehrmals erklärt!“
„Wissen Sie, Herr Hack, ich habe schon viele Geschichten gehört…“
„Wenn ich es Ihnen doch sage! Die Dachkammer war leer, ich habe sie nie benötigt. Als ich den Rauch von oben bemerkte rannte ich schnell hin!“
„Ja ja, den Teil kenne ich schon… Und dann sprang Ihnen ihre Katze vom Dachboden aus in die Arme und Sie sind geflüchtet, um uns zu rufen… Naja, ist ja auch egal!“
Genervt verabschiedete sich der Feuerwehrmann. Er murmelte noch etwas in seinen Bart, dass Peter allerdings nicht mehr hörte.
„War doch gut, dass dieser Spinner nicht bei uns angefangen hat!“
„Na komm mein kleiner, wir müssen schlafen gehn, morgen ziehen wir um!“
Sie gingen hinein. Peridot schnurrte zufrieden. Er würde heute Nacht besonders gut schlummern.
„Gute Arbeit! War auch nicht anders von mir zu erwarten! Perfekt durchdacht! Perfekt gemacht!“
Er grinste bis über beide Ohren. Anscheinend kam niemand darauf, wie das Feuer wirklich entstand…
Vor dem Einschlafen sah er sich ein Foto an und steckte dieses dann in ein verstecktes Bündel mottenverschonter Dokumente.

Schlaf gut, aber vergiss nicht, dich zu putzen! Dein Fell stinkt nach Rauch! Als hätte er sich im Brandherd herumgetrieben…
Fortsetzung folgt…